Gleich ein ganzes Bündel von Argumenten fahren die Naturschützer vom BUND gegen die aktuelle Planung für die Luxussiedlung auf. Wie das TAGEBLATT mehrfach berichtete, soll im Rückraum des künftigen Hamburger Wohngebiets „Fischbeker Heidbrook“ auf dem zu Neu Wulmstorf gehörenden Teil des Ex-Kasernengeländes auf einer Fläche von 14,5 Hektar im Wald ein edles Wohnquartier mit 57 Bauplätzen für Einfamilienhäuser auf 1000 bis 3000 Quadratmeter großen Grundstücksinseln entstehen. Die Sparkasse Harburg-Buxtehude und die Niedersächsische Landgesellschaft (NLG) stehen bereits parat und wollen das Luxusviertel erschließen und vermarkten.
Allein die Behauptung der Gemeinde, bei dem Waldstück handle es sich um minderwertigen Nadelwald, stimme schon nicht, sagt der Neu Wulmstorfer Diplom-Biologe Stephan Rost, der sich im Namen der gesamten BUND-Ortsgruppe federführend um das Thema Waldsiedlung kümmert. Dieser Waldgürtel sei genauso schützenswert wie die anderen geschützten Waldgebiete, die sich entlang des Geestrands östlich und westlich anschließen, erklärt Rost und zeigt auf die vielen Rotbuchen und Stileichen, die unter den Kiefern bereits nachgewachsen sind. Vor 20 Jahren hatte der Bund selbst bereits mit dem Waldumbau auf dem Truppenübungsgelände begonnen, den Nadelwald mit Laubholz unterpflanzt. „Dieser Wald hat inzwischen eine super Entwicklung zum hochwertigen Laubmischwald durchlaufen“, sagt Rost.
Besonders schädlich sei das Zerstören des als Puffer fungierenden Waldstücks für das östlich unmittelbar angrenzende Feuchtbiotop, das Hamburg im Rahmen des Masterplans zur Kasernenkonversion entwickelt hat. Dort leben inzwischen viele Amphibien, seltene Molcharten und bedrohte Arten wie der Springfrosch. Das Problem: Zum Überwintern wanderten diese Amphibien in den Wald hinein. Wenn nun die Zuwegung zur Waldsiedlung durch die Mitte des Areals laufe, sei sie genau dort, wo die Amphibien wandern, fürchtet Rost: „Wir fordern, dass die Amphibienwanderung vorher untersucht wird“, sagt der Biologe. Auch viele Vogel- und mehrere Fledermausarten lebten in dem Gebiet. „Erst einmal muss geguckt werden, was in diesem Wald wirklich ist. Aber das wird alles nicht bedacht, weil es keinen interessiert“, klagt Rost.
Auch das Argument der Gemeinde, der Wald werde ja nur teilweise gerodet und um die Grundstücksinseln herum bleibe ein Baumgürtel erhalten, ist in Rosts Augen so nicht haltbar. Wegen der erforderlichen 30 Meter Mindestabstand von der Bebauung bis zum Wald werde vom Wald kaum etwas übrig bleiben. „Ein Waldrandstreifen ist kein Wald mehr. Das ist so, als wenn man behauptet, im Neubaugebiet Apfelgarten würden Apfelbäume stehen“, sagt Rost.
Sollte das Baugebiet nicht mehr zu verhindern sein, werde sich der BUND auf jeden Fall dafür einsetzen, dass die Naturschutzbelange noch Berücksichtigung finden.
Unterdessen hat die Bürgerinitiative „Gegen die Waldsiedlung“ um ihre Initiatorin Carmen Friedrich mehr als 800 Unterschriften gegen das Bauvorhaben gesammelt. 500 Unterschriften hatte die BI der Gemeinde bereits übergeben, in den vergangenen Wochen hätten nochmals 300 Bürger gegen die Zerstörung des Waldes unterschrieben, und zwar nicht nur Bewohner der Heidesiedlung, sondern auch aus dem Ortskern nördlich der B 73, berichtet Kerstin Münnich-Krüger von der BI.
Die Bürger der direkt angrenzenden Neu Wulmstorfer Heidesiedlung trauern um das schöne Stück Natur und das wohnortnahe Naherholungsgebiet direkt vor ihrer Haustür. Carmen Friedrich geht dort seit vielen Jahren mit ihren Hunden spazieren, kennt das Gelände wie ihre Westentasche und hat schon unzählige Tiere in dem Waldstück beobachtet. Sie mag sich gar nicht vorstellen, was geschieht, wenn dort die Bagger anrücken, sagt sie. Auch Bernd Perlbach von der BI kann nicht erkennen, wem die Siedlung nutzen soll außer den wenigen Reichen, die dort hinziehen.
Der Rat allerdings steht mit Ausnahme der Grünen bisher zur Waldsiedlung, allein schon, weil die Gemeinde im Rahmen des Masterplans zur Kasernenkonversion 2005 viele Verträge geschlossen hat, aus denen sie jetzt kaum noch aussteigen kann. Trotzdem hofft Carmen Friedrich noch immer, dass die Politik sich doch noch in letzter Sekunde umentscheidet, obwohl auf dem Gelände bereits die Vermessungsarbeiten begonnen haben und erste Pflöcke eingeschlagen sind. Sie appelliert noch einmal an Rat und Verwaltung: „Macht unser schönes Neu Wulmstorf nicht kaputt.“