Eigentlich sollten die energetische Sanierung der Fassade und die technische Modernisierung der Klassenräume inzwischen abgeschlossen sein. Doch daraus wird nichts. Weil Handwerker pfuschten und ein beteiligter Betrieb sogar Insolvenz anmelden musste, rücken die Arbeiter voraussichtlich frühestens 2017 ab.
In den 1960ern entstand das Gebäude, das im folgenden Jahrzehnt erweitert wurde. Seither hatte die Stadt wenig Geld in den Komplex gesteckt. Entsprechend viel war zu tun. 2009/2010 bekam die Turnhalle ein neues Dach, daraufhin begannen die Arbeiten am Haupthaus.
Die Fassade wurde gedämmt und neu verkleidet. Im Innern brachten die Sanierer den Brandschutz, die Sicherheitsbeleuchtung und die Fluchtwege auf Vordermann. Ein zeitgemäßes Strom-, Gas- und EDV-Netz hielt Einzug, jeder Klassenraum verfügt nun über steuerbare Heizkörper.
Dabei kam dem Schulträger das von der Bundesregierung im Zuge der Wirtschaftskrise auferlegte Konjunkturpaket zugute. 1,8 Millionen Euro flossen aus dem Topf in die Modernisierung des weitläufigen Komplexes. Alleine für die Arbeiten auf dem Dach gab die Stadt 500 000 Euro dazu. Der Zeitplan lief allerdings schnell aus dem Ruder.
Einige Handwerker kamen den hohen Qualitätsanforderungen nicht nach, ein beteiligtes Unternehmen meldete zwischenzeitlich Insolvenz an. Gutachter wurden eingeschaltet, das Verfahren ist nach wie vor anhängig. „Beim Start der Maßnahmen war der Plan, dass wir jetzt fertig sind“, sagt Koordinator Bernd Biber von der städtischen Gebäudewirtschaft, der damals für das Projekt verantwortlich zeichnete, inzwischen aber an den Vorbereitungen für den Neubau des Innenstadtparkhauses an der Stockhausstraße mitarbeitet.
Realschuldirektor Volker von Loh ist darüber wenig erfreut, zumal während des laufenden Unterrichtsbetriebs gewerkelt wird: „Wir leben seit sechs Jahren auf einer Baustelle – und das fühlt sich auch so an.“ Die Bildungsstätte ist in drei Trakte gegliedert. In einem ersten Durchgang werden die Abschnitte A und B renoviert. „Da viele Bereiche nicht fertig waren, konnten wir den A- und B-Trakt nicht vollständig nutzen“, erklärt der Pädagoge. Er spricht von „starken Beeinträchtigungen für alle, die hier arbeiten“, womit Schüler, Lehrer, Reinigungskräfte und Eltern gemeint sind.
Um die Einschränkungen nicht noch größer werden zu lassen, beauftragte die Stadt andere Betriebe. Vollends aufholen lassen sich die Verzögerungen jedoch nicht mehr. Teile der Fassade mussten doppelt abgerissen werden. Dazu kommt, dass in den Decken während der Arbeiten Reet gefunden wurde. Die Halme lassen sich schnell entzünden und müssen deshalb entfernt werden. Darunter montieren die Fachleute spezielle Brandschutzplatten.
Zurzeit wartet die Schulgemeinschaft darauf, dass das Obergeschoss mit der Aula und den Toiletten grundsaniert wird. Die Ausschreibungen würden vorbereitet, in den Sommerferien könnten die Handwerker loslegen, heißt es vonseiten der Gebäudewirtschaft.
Direktor Volker von Loh bleibt skeptisch: „Ich habe schon so viele Zeitpläne gehört.“ Wichtig ist ihm, „dass alles, was Dreck und Krach macht“ in der unterrichtsfreien Zeit über die Bühne geht. In sechs Wochen sei der im Moment noch holzvertäfelte Bereich aber nicht zu modernisieren, gibt der neue Bauleiter Andreas Stein zu bedenken.
Ohnehin habe seine Mannschaft derzeit etliche komplizierte Aufgaben zu bewältigen. Das Personal sei knapp, Neueinstellungen würden auf den Weg gebracht. Die Flüchtlingsströme fordern ihren Tribut. Wenn alles glattgeht, könnte der C-Trakt im nächsten Jahr in Angriff genommen werden. Ab Herbst sollen die Ausschreibungen starten.
Die Mädchen und Jungen, die im Moment in den Räumen lernen, müssen dann umziehen. Vielleicht in die sanierungsbedürftigen Pavillons auf dem Schulhof, die eigentlich längst der Vergangenheit angehören sollten und in Klassenzimmer der benachbarten Förderschule. Details bleiben unklar. „Einen konkreten Terminplan müssen wir noch erarbeiten“, berichtet der zuständige Amtsleiter Klaus Mehrtens.
Für ein anderes Problem, das auf der jüngsten Schulausschusssitzung des Stadtrates auf den Tisch kam, steht eine langfristige Lösung ebenfalls noch aus. Die Einrichtung auf der Camper Höhe erfreut sich steigender Beliebtheit, so dass zusätzliche Klassen eingerichtet werden. Das Gebäude lässt sich allerdings nicht mehr erweitern. Pavillons oder Containerdörfer auf dem Spielplatz will keiner der Beteiligten. Direktor Volker von Loh hat ein Auge auf die Friedrich-Fröbel-Förderschule geworden. Träger ist der Landkreis.
Der Ausgang der Gespräche zwischen den Behörden ist ungewiss. Dass die Sporthalle zunächst für die Unterbringung unbegleiteter minderjähriger Flüchtlinge genutzt wird und die Unterrichtsräume für Sprachkurse benötigt werden, kommt hinzu. Zurzeit gehen 750 Mädchen und Jungen in die 24 Klassen der Realschule. Tendenz steigend. „Ich gehe davon aus, dass wir für alle Seiten eine vernünftige Lösung finden werden“, ist Amtsleiter Klaus Mehrtens überzeugt. Vermutlich wird sich erst der im Herbst neu zu wählende Rat damit beschäftigen.
Hintergrund: Der Sanierungsstau an deutschen Schulen ist immens. Der NDR berichtete, dass einer Schätzung des Deutschen Instituts für Urbanistik zufolge bundesweit 32 Milliarden Euro fehlen. Alleine in Niedersachsen sollen es bis zu zehn Milliarden sein. Immerhin: Am Geld scheitern die Vorhaben in Campe – zumindest bislang – nicht. Wie teuer eine wie auch immer geartete Lösung käme, die den Raummangel der Bildungsstätte endgültig beseitigt, lässt sich im gegenwärtigen Planungsstadium kaum verlässlich beziffern.
Derweil legt Volker von Loh eine beinahe stoische Gelassenheit an den Tag. Er hat seinen Ärger im Griff und äußert die Hoffnung, dass die Arbeiten zügig weitergehen. „Wir hätten das nicht geschafft, wenn das Kollegium nicht die Perspektive gehabt hätte, dass wir irgendwann eine schöne Schule haben werden“, sagt der Schulleiter. Digitale Tafeln, Computer- und Medienräume sind ein Anfang. Seine Erfahrung: „Nur aufregen bringt ja nichts.“