Es läuft gut für die beiden Betreiber Jan Peter Mahlstedt und Fred Franken. Endlich. Monatelang hatten sie um die Zulassung ihres Amphibienfahrzeugs gekämpft. Und das obwohl sie die EU-Binnenzulassung schon in der Tasche hatte.
In Hamburg bedarf es aber einer Extra-Genehmigung. Neun Monate hatten sie gehofft, gebibbert und das ein oder andere Mal schon aufgegeben. Dann auf einmal hatten sie die Erlaubnis der Hamburg Port Authority auf dem Schreibtisch – und es konnte losgehen. Seit dem 16. April ist Hamburg um eine Attraktion reicher, die erste Stadtrundfahrt mit einem schwimmenden Bus.
Boarding. Es läuft zivilisiert ab. Immer nur einer zur Zeit betritt die Klapptreppe des Amphibienfahrzeugs. Nach und nach füllt sich der Bus bis auf den letzten Platz. Wie bisher alle Fahrten, ist auch diese Fahrt an einem Dienstag um 11 Uhr ausgebucht. Das Publikum ist bunt gemischt, viele Touristen, viele Senioren, aber auch Hamburger und Junggebliebene wollen Hamburg von Land und Wasser aus sehen.
Los geht die Tour am Brooktorkai mitten in der Hafencity durch das Unesco Weltkulturerbe Speicherstadt, die Hafencity und dann in Richtung Rothenburgs-ort. Sabbelstrippe Florian Gude gestaltet die Bordunterhaltung, während Kapitän Jan Peter Mahlstedt das Steuer übernimmt.
Der schwimmende Bus ist ein Highlight auf der Straße. Die Form ist einmalig. Der obere Teil des Fahrzeugs sieht aus wie ein Bus, der untere wie ein Boot. Gebaut wurde das Amphibienfahrzeug in Budapest nach den Vorstellungen von Fred Franken und Jan Peter Mahlstedt. 70 Minuten dauert die Fahrt, eine halbe Stunde davon schippert der Bus auf der Elbe.
Florian Gude sabbelt in sein gelbes Mikrofon. Sein Text trieft nur vor Ironie und Witz. Es ist ein schmaler Grat zwischen Wahrheit, Spaß und Information. Der Hamburger macht das gut, die Teilnehmer fühlen sich unterhalten, auch wenn er manchmal wie am Autoscooter klingt. Selbst der Kapitän schmunzelt noch. Jan Peter Mahlstedt flucht, ein gelber Twingo heizt durch die enge Straße. Gemeinsam passen sie nicht an der Straße entlang. Der kleine Flitzer setzt den Rückwärtsgang an. Es geht wieder voran, durch den Entenwerder Stieg. Jetzt geht es ins Wasser.
Der Bus hat das Rollfeld erreicht. 30 Mitfahrer zücken ihre Kameras. Sicher manövriert Kapitän Mahlstedt das Amphibienfahrzeug über eine Rampe ins Wasser. Es platscht, das Wasser spritzt an den Seiten empor. Wir sind im Wasser, alle Füße sind trocken. Der Straßenmotor ist abgestellt, dafür brummen die Schiffsmotoren. Statt mit dem Lenkrad steuert Jan Peter Mahlstedt über zwei Joysticks auf dem seitlichen Armaturenbrett.
Bis zu sieben Knoten (umgerechnet 13 km/h) kann der schwimmende Bus fahren. Er schippert nicht etwa in Richtung Landungsbrücken, dafür haben die Hamburger keine Genehmigung bekommen, vermutlich wegen der großen Konkurrenz zu Barkassen und Fährfahrten. Stattdessen geht es elbaufwärts in Richtung Tiefstack, vorbei am zweitgrößten Sturmflut-Sperrwerk in Deutschland und der Billwerder Bucht, ein unvergleichlich vielseitiger Ort mit geschichtsträchtiger und maritimer Industrieromantik. Mit dem sich im Süden anschließenden Holzhafen führt die Tour dann, zwischen Werften und Bootsanlegern, zu einem der letzten und wertvollen Süßwasserwattgebiete in Hamburg. Dieser Teil der Stadt ist auch den meisten Einheimischen noch unbekannt.
Die Riverbus-Touren werden sehr gut angenommen, sind fast alle ausverkauft, viele auch schon Wochen im Voraus. „Wir könnten noch viel mehr Touren machen, doch wir stoßen an unsere Grenzen“, erklärt Kapitän Jan Peter Mahlstedt. Derzeit können nur zwei Personen das Fahrzeug fahren. „Es ist schwierig, Kapitäne zu finden, die auch einen Busführerschein haben“, erklärt Fred Franken. Das ist auch nicht mal eben machbar. Die Ausbildung dauert drei Monate. So übernimmt Jan Peter Mahlstedt überwiegend das Steuer oder die Joysticks.
Schon 120 Stadtkreuzfahrten haben Jan Peter Mahlstedt und Fred Franken seitdem erfolgreich durchgeführt und damit 3500 Passagiere zu Land und Wasser befördert. Nur einmal ging eine Tour schief, nicht etwa weil die Motoren im Wasser versagten. Nein, ein Autofahrer nahm dem Bus die Vorfahrt. Zum Glück gab es keine Verletzten, doch das Auto erwischte es schwer, nicht so das Amphibienfahrzeug. Es hatte lediglich einen Kratzer. Stahl ist eben härter als Blech.
Preis pro Ticket: 28 Euro, Kinder und Jugendliche bis 14 Jahre 20 Euro, online.
www.hafencityriverbus.de