August, findet ab 19 Uhr eine Buchvorstellung des Werkes „Spiel auf Zeit“ mit Lesung und Lichtbildervortrag von Nina Schulz und Elisabeth Mena Urbitsch in der Sandbosteler Gedenkstätte (Seminarraum), Greftstraße 3 statt. Der Eintritt ist frei.
Die Autorinnen dokumentieren, wie die Überlebenden ihre Geschichte durch juristische und politische Arbeit vor dem Vergessen bewahren wollen. Zwei der Reportagen handeln von dem ehemaligen italienischen Militärinternierten Michele Montagano und von dem ehemaligen sowjetischen Kriegsgefangenen Sergey Litvin, die beide im Kriegsgefangenenlager Stalag X B Sandbostel gefangen waren.
„Die deutsche Politik muss sich mit den Opfern als Menschen beschäftigen. Wir sind kein Abstraktum“, sagt dazu Argyris Sfountouris, Überlebender des SS-Massakers vom 10. Juni 1944 in Distomo, Griechenland. „Würden Opfer entschädigt, würden sich Kriege nicht mehr lohnen.“
Die preisgekrönten Reportagen des Autorinnenduos Nina Schulz und Elisabeth Mena Urbitsch stellen laut WDR die „erste umfassende Darstellung der oft vergeblichen Kämpfe dar, die Verfolgte und Opfer des Nationalsozialismus um Anerkennung und Entschädigung brachten“. Das Buch zeichnet sich dadurch aus, eine transnationale Dimension in die Debatte einzuführen und die Perspektiven der Verfolgten in den Mittelpunkt zu stellen.
Die Politik der Bundesrepublik gilt in der öffentlichen Wahrnehmung weltweit als Modell einer gelungenen Entschädigung für die Opfer von Kriegsverbrechen und Verfolgung. Tatsächlich hat die Mehrheit der über 20 Millionen NS-Verfolgten aber nie eine Entschädigung erhalten. Andauernde Auseinandersetzungen zur Verfolgung während des Zweiten Weltkriegs bestimmen weiterhin den Alltag vieler überlebender NS-Verfolgter und prägen die Beziehungen Deutschlands zu anderen Ländern, heißt es zur Ankündigung des Abends.
Das Buch belege an zahlreichen biografischen Beispielen, dass die sogenannte Wiedergutmachung in Deutschland mehr einem Mythos als einem Modell gleiche.
Die letzten überlebenden NS-Verfolgten sterben und es stellt sich die Frage, wie die Erinnerung an ihre Erfahrungen und an die NS-Verbrechen weiterhin lebendig gehalten werden soll. Das Buch soll dazu einen Beitrag leisten und aufzeigen, dass Deutschland eine historische Verantwortung trage – entgegen aller Schlussstrichdebatten.
Das Buch präsentiert „offene Rechnungen“ der deutschen Geschichte. Vor allem aber sei es eine bewegende und einfühlsame Hommage an „wunderbare Menschen, die die Verfolgung durch den Nationalsozialismus überlebt haben und bis heute für Gerechtigkeit kämpfen“. (st)
Mehr zum Buch:
http://www.assoziation-a.de/buch/188
Die Autorinnen
Die aus Gnarrenburg stammende Journalistin Nina Schulz und die Fotografin Elisabeth Mena Urbitsch arbeiten seit 2005 als Team zusammen. Schwerpunkt ihrer Arbeit sind Reportagen zu erinnerungspolitischen Themen. Ihre Reportage „Spiel auf Zeit“ zu Überlebenden des Nationalsozialismus und deren Kampf um ihre Ghettorenten wurde 2010 mit dem Alternativen Medienpreis ausgezeichnet. 2015 bekamen sie diesen Preis ein zweites Mal für ihre Reportage „Hasenbrote“ aus der Reihe „Offene Rechnungen“, in der sie die andauernden Auseinandersetzungen von NS-Verfolgten um Anerkennung und Entschädigung darstellen. Nina Schulz und Elisabeth Mena Urbitsch leben in Hamburg.