Er prophezeit der Metropolregion Hamburg in einer aktuellen Studie spätestens für das Jahr 2020 den Dauerstau. Daran werde auch der Bau der Hafenquerspange nichts ändern, der jetzt in den Bundesverkehrswegeplan aufgenommen wurde, und damit in realistische Nähe gerückt ist.
Während Wirtschaftssenator Frank Horch den Beschluss für die zusätzlichen Straßenbaumaßnahmen um Hamburg herum als „Meilenstein“ bezeichnete, dämpft Wissenschaftler Otto die Erwartungen. Wenngleich die Hafenquerspange als Ost-West-Autobahn quer durch den Hamburger Hafen „längst überfällig“ sei, könne sie doch nur eine „Linderung“, nicht aber eine „Lösung“ des Stauproblems sein: „Ob nun eine Spur mehr oder die Hafenquerspange, wir müssen auch andere Strategien für die Bewältigung der Verkehre zu den Stoßzeiten entwickeln“, sagt Otto. Schließlich wachse nicht nur die Zahl der Einwohner in der Metropolregion, auch die Liebe zum eigenen Auto sei ungebrochen. Berechnungen gehen laut Otto davon aus, dass die Zahl der Autos in den kommenden Jahren ansteige. Wenn sich das Verhalten der Verkehrsteilnehmer nicht verändere, sei deshalb Dauerstau in fünf Jahren programmiert.
Die Lösung liegt für Verkehrsforscher Otto in der gezielten Steuerung der Verkehrsströme. Denn überlastet seien die Straßen in der Regel nur zu den Hauptverkehrszeiten, während es zu anderen Tageszeiten und vor allem nachts Überkapazitäten gebe. Otto schlägt deshalb in der Studie vor, das „unpopuläre Instrument der Maut“ einzuführen, flexibel zu nutzen und die Gebühren zu stark belasteten Zeiten besonders hoch anzusetzen. Darüber hinaus müsste insbesondere der Pendlerverkehr „auf die Schiene“ gesetzt werden. Voraussetzung dafür sei allerdings eine engere Taktung und Pünktlichkeit der Züge.
Für erforderlich hält der HWWI-Experte aber auch ein Umdenken in der Wirtschaft. In einer Welt, wo die Digitalisierung in riesigen Schritten voranschreite, sei es auf Dauer nicht nötig, dass sich täglich Hunderttausende ins Auto, in den Bus oder die Bahn setzen, um zur Arbeit zu kommen. Städte wie Amsterdam oder Seoul machten das vor: „Dort haben Firmen für ihre Mitarbeiter Arbeitszentren vor der Stadt gebaut. Die Arbeitsplätze sind mit der Firmenzentrale vernetzt“, berichtet Otto. So würde Pendlerverkehr reduziert.
Der Kommentar von Barbara GlosemeyerNeue Denke für MobilitätEins ist klar: Die Beschlüsse des Bundes im Verkehrswegeplan helfen Hamburg und seinen Pendlern. Andererseits sind die Warnrufe der Verkehrsforscher zwingend ernst zu nehmen. Dass es in und um Hamburg herum in den nächsten 30 Jahren zu einem starken Zuzug kommen wird, steht fest. Insofern ist der Zuruf der Experten richtig, dass sich an der Einstellung von Unternehmen, Politikern und den betroffenen Menschen zu Verkehr und Umwelt etwas ändern muss. Und die, die am schnellsten und direktesten etwas ändern können, sind die Firmen und die Dienstleister wie Bahn oder Nahverkehr. Also: Nicht die Mahner als Nörgler abqualifizieren, sondern gemeinsam handeln. Künftige Mobilität braucht neue Konzepte.