Wenn sie im Interview in einem Café im Hamburger Stadtteil Eppendorf richtig loslegt, nimmt die gebürtige Berlinerin kein Blatt vor den Mund. Sie kann sich auch so richtig in Rage reden, etwa beim Thema Radfahrer: „Ich finde es grob fahrlässig, wie brutal manche über den Radweg rasen. Das ärgert mich wahnsinnig.“ Die 40-Jährige selbst radelt regelmäßig durch die Hansestadt zu ihren Dreharbeiten, bei denen Rhea zu Franzi wird – seit rund zehn Jahren.
Seit Anfang an gehört sie zum Team von „Notruf Hafenkante“, hatte bereits in der ersten Folge, die Anfang 2007 zu sehen war, ihren Auftritt als Polizistin Franziska Jung. Nicht wenigen Serienfans dürfte die 1,65 Meter große, blonde Frau da schon bekannt gewesen sein. Unmittelbar vor Franzi war sie immerhin einige Folgen lang Valerie in „Alles außer Sex“, für drei Staffeln Sarah in „Berlin, Berlin“ und für mehrere Jahre die „Flo Spira“ in „Gute Zeiten, schlechte Zeiten“. Auch in anderen Serien übernahm die zierliche Schauspielerin Rollen.
Hamburger Polizisten und Ärzte des Elbkrankenhauses arbeiten in „Notruf Hafenkante“ (donnerstags, 19.25 Uhr) zusammen. Franzi Jung ist Polizeiobermeisterin – und Rhea Harder längst vertraut mit dem Alltag der Beamten wie auch den Unterschieden zum Film. „Das bleibt nicht aus, dass man ein paar Sachen mitbekommt. Wir dürfen immer mal wieder an Kursen teilnehmen, um auf dem aktuellen Stand zu sein“, erzählt sie. „Trotzdem nehmen wir für das filmische Bild Handschellen, obwohl die Polizei selbst eher Kabelbinder benutzt.“
Auch nah am einstigen Berufswunsch ist sie mit Franzi: „Ganz früher wollte ich zur Müllabfuhr, später dann zur berittenen Polizei. Allerdings bin ich durch den Mathetest bei der Polizei gefallen.“ Eine leidenschaftliche Krimi-Guckerin sei sie und liebe nordische Produktionen, erzählt Harder. Auch die ersten „Hafenkante“-Folgen seien „vom Look her eher skandinavischer Krimi, also ein bisschen dunkler“ gewesen. „Dann wurde es heller und es gab eher nett-warme Geschichten“, sagt sie. „Jetzt haben wir eine schöne Mischung: mal lustige Folgen, mal spannende, mal auch sehr ergreifende.“
Ihr Kollege Vockroth, mit dem sie damals gestartet war, blieb bis zur dritten Staffel dabei, am 15. September beginnt auf dem Bildschirm die elfte Staffel der Studio-Hamburg-Produktion. Die Sorge, wenn die Zusage für den Dreh neuer Folgen noch aussteht, kennt Harder. „Dann werden alle unruhig, bei mir setzt das aber immer relativ spät ein, weil ich gar nicht so viel darüber nachdenke, sondern mich immer eher treiben lasse.“
Verheiratet – seit ihrer Hochzeit 2013 heißt sie Harder-Vennewald – und dreifache Mutter ist die Schauspielerin: Moritz ist zwölf, Bruno sechs und Leni-Ava zwei Jahre alt. Die Kinder sollen ihren eigenen Weg finden. „Einen Job muss man sich wirklich selbst erarbeiten, sonst weiß man nicht, was es bedeutet, ihn zu haben“, sagt Harder. „Wenn man sich ins gemachte Nest setzt, dann geht man vielleicht beim ersten Steinchen in die Knie.“ In ihre Rollen eingebunden waren die Kinder schon: In „Berlin, Berlin“ etwa wurde zuerst ihre Schwangerschaft mit Moritz integriert, dann Moritz selbst. Für ihre größer werdende Familie legte sie „Hafenkante“-Pausen ein – auch ihre Polizistin Franzi ist Mutter.
Was sie sonst noch gemeinsam mit ihrer Rolle hat? „Franzi und ich sind Bauchmenschen. Und meistens sind diese Entscheidungen auch richtig oder stellen sich wenigstens im Nachhinein als richtig heraus“, sagt sie. „Es ist aber auch nicht ganz einfach, weil man nicht immer unbedingt erklären kann, warum man etwas macht. Ich bin aber eben überhaupt kein analytischer Mensch, sondern sehr emotional gesteuert. Wenn es mir nicht gut geht, merkt das jeder.“ Abschalten könne sie nach dem Dreh gut beim Radfahren auf dem Heimweg. „Man kann den Tag Revue passieren lassen, hat auch mal ein bisschen Stille, und da ich ein Bewegungsmensch bin, brauche ich das unbedingt zum Wohlfühlen.“