Von Harald WinterIn dem Augenblick, als Haiou Zhang in die Tasten seines Flügels griff, begann die Bühne zu brennen, die Welt schien zu fokussieren, bis nur noch eines vorhanden war – der atemberaubende Klang des berühmten 20. Klavierkonzerts von Wolfgang Amadeus Mozart in der nicht minder atemberaubenden Interpretation auf Weltniveau durch den sympathischen chinesischen Künstler und künstlerischen Leiter des „International Music Festival“.Sein bravouröses Spiel im Eröffnungskonzert am Sonnabend in der ausverkauften Halepaghen-Aula wirkte von Anfang an wie ein musikalischer Brandbeschleuniger, der nicht nur die über alle Maßen begeisterten Zuschauer mitriss – auch das Orchester der NDR Radiophilharmonie realisierte die rhythmische Kraft der kecken Mozartphrasen wie durch einen Zündsatz initiiert. Die Zeit schien still zu stehen, und wer nicht aufpasste, vergaß zu atmen. Das muss man erst einmal schaffen – für Haiou Zhang kein Problem. In stiller Bescheidenheit nahm er die anschließenden Eruptionen des Beifalls entgegen, Bravorufe mischten sich mit nicht enden wollendem Applaus. Eine Sternstunde der Musik in Buxtehude.
Verrückt: Da kommt so ein mit überbordendem Talent ausgestatteter Künstler aus Fernost und interpretiert Mozart. Unseren Mozart. Und er spielt dieses im dramatischen, hochemotionalen d-moll gehaltene Werk, das Epoche machen sollte, einfach meisterhaft. Ein Werk, das die Form eines sinfonischen Solokonzerts praktisch schon vorausnahm, und dessen ruhiger zweiter Satz in Formans Film „Amadeus“ nicht von ungefähr den Hintergrund für die Schlussszenen bildet, in denen Mozarts Konkurrenten Salieri seine Mittelmäßigkeit erklärt wird. Hier nun eben ganz und gar nicht mittelmäßig, vielmehr herausragend gespielt deshalb, weil es die Seele eines der größten Musikgenies aller Zeiten zu transportieren schien. Nicht, weil er so schön schnell spielen kann, ist Haiou Zhang ein Meister: Jeder Musiker weiß, dass es meist gerade die langsamen Sätze sind, die einem alles abverlangen, gerade dieser zweite Satz mit seiner fast kinderliederhaften Thematik hat es in sich: Ihn nicht belanglos erscheinen zu lassen, Gelassenheit bei voller Spannung zu bewahren, all dies gelang dem Künstler am gut intonierten Bechstein-Flügel wunderbar, und auch das Orchester der Radiophilharmonie Hannover unter der Leitung von Andrew Manze folgte ihm dabei kongenial, nicht zuletzt eindrucksvoll realisiert in der Piano-Bläser-Zwiesprache des dritten Satzes.
Vergessen wir einfach die Schubladen wie die angebliche Technikverliebtheit der Asiaten, die dann – ebenso angeblich – mit hoher Virtuosität ohne viel Gefühl brillieren. Alles Quatsch: Hier gab es Seele pur, deren Bestandteile sich naturgemäß letztlich jeder näheren Erklärung entziehen, natürlich gepaart mit höchster Virtuosität, die man uneingeschränkt bewundern konnte bei Haious Spaß-Zugabe aus eigener Feder mit dem sinngemäßen Titel „Mozarts Werke in einem Stück unter besonderer Berücksichtigung des Türkischen Marsches“. Und: Es ist nicht „unser Mozart“. Den gibt es nicht. Es gibt nur Mozart, und der gehörte schon immer nur sich selbst und war global. Und, wie man sieht, spielt die Zugehörigkeit zu anderen Kulturkreisen eine weit geringere Rolle als mancher denken mag.
Was allerdings eine nicht zu unterschätzende Rolle spielte bei diesem runden, umjubelten Eröffnungskonzert, zu dem einleitend auch noch die Haydn-Sinfonie Nummer 39 sowie am Schluss Mozarts „Jupiter-Sinfonie“ gehörte, war die Bühnen-Logistik, mit Problemen gespickt und erfrischend erläutert von Chef-Organisator Dieter Klar. Es begann damit, dass es der leicht abgeschrägte Bühnenboden dem Orchester nicht erlaubte, zu spielen. Also begradigen. Und es endete schließlich mit der Frage: Wie bekommen wir den Bechstein-Flügel mit zwei Mann auf die Bühne? Also muss ein Gabelstapler her. Zudem wollte der NDR auch noch alles aufzeichnen. Nun ja, Probleme sind da, um gelöst zu werden, sodass dem Publikum ein unbeschwerter Abend präsentiert werden konnte. Dank der Anstrengungen aller, besonders der ehrenamtlichen Belegschaft des Kulturforums, wurde das Soll dann sogar übererfüllt.
Stimmen aus den Besucherreihen: Alle Zeichen stehen auf Begeisterung pur
In der Pause fängt das TAGEBLATT ein paar Publikumsstimmen ein. Die Zeichen stehen allesamt auf Begeisterung.
Grundrun Tornow-Keese aus Buxtehude liebt Klavierkonzerte: „Haiou Zhangs Spiel ist einfach grandios. Ich empfinde diesen Abend als ungemein beglückend.“ Walburga und Helmut Frenzel aus Immenbeck: „Es ist ganz toll, dass dieses Festival zum siebten Mal über die Bühne geht. Wir sind große Fans davon und haben weitere Konzerte gebucht. Dieser Abend ist wieder einmal sensationell gut.“ „Der Pianist meistert, was er zu meistern hat und das macht er ausgezeichnet“, sagt Joachim Lucius aus Buxtehude, Vater des ebenfalls gefeierten Pianisten Henning Lucius, der im Rahmen des Festivals am Donnerstagabend bei implantcast konzertierte – gemeinsam mit seinem kongenialen Partner, dem Flötisten Jürgen Franz.
„Dieses Festival mit seinen spannenden Konzerten ist toll und hat ein hohes Niveau“, sagt Angelika Anders-Maxelon aus Buxtehude. „Diese Fingerfertigkeit. Der Pianist ist super und das Orchester ist super“, schwärmen Evelyn Glockemann und Irmgard Bischoff aus Buxtehude. Rosemarie und Dieter Schneider sind extra aus Stade angereist und loben die Atmosphäre in der Aula und den „ausgezeichneten Konzertabend“.
Gudrun Tornow.Walburga und Helmut Frenzel aus Buxtehude. Fotos AldagEvelyn Glockemann und Irmgard Bischoff aus Buxtehude.Joachim Lucius.Dieter und Rosemarie Schneider aus Stade.